Warum Flüchtlinge oft unter Traumata leiden

Dass Flüchtlinge häufig traumatische Erfahrungen zu verarbeiten haben, darüber informierte der Psychiater Thomas Dirksen die Roxeler Flüchtlingshilfe.

 

Manche ziehen sich zurück, andere werden plötzlich aggressiv oder verletzen sich selbst, ohne dass die Umwelt eine Erklärung dafür hat. Diese Wesensänderung wurde erstmals wissenschaftlich bei Vietnamveteranen beschrieben, die ihre Kriegserlebnisse nicht verarbeiten konnten. Auch Flüchtlinge würden oft unter Traumata leiden, erklärte der Kinder- und Jugendpsychiater Dr. Thomas Dirksen vor der Flüchtlingshilfe Roxel im Pfarrheim St. Pantaleon.

Dieses psychische Phänomen tritt dann auf, wenn einschneidende Erlebnisse tiefe seelische Wunden reißen, die „aus dem üblichen biographischen Kontext“ herausfallen würden, erläuterte Dirksen. Schon ein Verkehrsunfall könne dies verursachen, aber auch Krieg, Flucht und Vertreibung. Angst, Panik und Albträume könnten die Folge sein. Anlässe, die für andere harmlos seien, könnten Betroffene wieder an ihre Erlebnisse erinnern. Vermeidungsstrategien seien oft die Folge, würden aber nicht zur Lösung der Probleme beitragen.

Die Roxelerin Jessica Kattan engagiert sich in der lokalen Flüchtlingsarbeit. Sie hat schon Familien mit Traumata kennengelernt. Eine Mutter und ihre drei kleinen Kinder beispielsweise flohen auf einem Boot über das östliche Mittelmeer: „Aber keiner von ihnen konnte schwimmen.“ Ungeheure Angstgefühle waren die Folge: „Oft haben die Flüchtlinge keine Zeit, das Geschehen zu verarbeiten.“ Nicht nur Krieg und das Fluchtgeschehen seien mögliche Gründe für ein Trauma, sondern auch die Situation im Heimatland. Wenn dort etwa eine schwere Krankheit nicht behandelt werden könne.

Auch wenn die Flüchtlinge hierzulande nun sicher seien: So genannte „Flashbacks“, also plötzliche Erinnerungen an das belastende Geschehen, könnten die Erlebnisse wieder gegenwärtig machen, so Dirksen.

Artikel WN 18.01.2017


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Veröffentlicht
19:09:00 18.01.2017